Definition
Bei einer Nickelallergie reagiert das Immunsystem auf Nickel, nickelhaltige Gegenstände und manchmal auf nickelhaltige Lebensmittel. Durch eine Typ 4 Sensibilisierung detektiert der Körper Nickel fälschlicherweise als Erreger und bekämpft diesen mit Antikörpern. Mit einer Prävalenz von 15 % ist sie die häufigste Kontaktallergie in Deutschland, wobei Frauen eine höhere Erkrankungswahrscheinlichkeit aufweisen. Die 1994 durchgesetzte Verordnung zur Senkung der Nickelbelastung konnte die Prävalenz durch das Herabsenken der zugelassenen Nickelmenge zu maximalen 0,5 µg pro Quadratzentimeter erfolgreich minimieren. Wenn das Nickel mit dem Schweiß des Betroffenen in Kontakt tritt, lösen sich Nickelionen, welche die Hornschicht der Haut durchdringen können und mit bestimmten Eiweißen eine Bindung eingehen können. Diese Nickeleiweißbindung löst die juckenden geröteten Stellen aus.
Pathomechanismus
Die T-Zell vermittelte Reaktion (Typ IV-Allergie) wird auch Spättypallergie genannt. Die Dermatologie beschreibt diese auch als Kontaktallergie. Dieser Begriff schließt aber korrekterweise nur die Überempfindlichkeiten der Haut ein. Zellulär bedeutet hier, dass die Reaktion durch T-lymphozyten vermittelt ist, denn die Spättypallergie wird ausschließlich von T-Lymphozyten getragen, welche allergen-spezifisch sind. IgE- oder andere Antikörper haben hierbei keine Bedeutung. Bei der Typ IV-Allergie kommt es wie bei der Soforttypallergie beim Erstkontakt zu einer Sensibilisierung. Allerdings bilden sich hier nicht IgE-Antikörper gegen das Allergen sondern allergen-spezifische T-Lymphozyten. Diese Zellen bleiben als Gedächtniszellen (T-memory Lymphozyten) in der Milz und den Lymphknoten. Nur wenige dieser Zellen zirkulieren dauerhaft im Blut. Beim Zweitkontakt kommt es zu einer schnellen Aktivierung und Vermehrung der betreffenden Lymphozyten. Die Vermehrung der allergen-spezifischen Lymphozyten im Gebiet des Allergenkontaktes stellt den Startpunkt der Entzündung dar. Das in der ersten Phase noch lymphozytäre Infiltrat wird nach wenigen Stunden ein lympho-monozytäres Gemisch. Durch Zytokine kommt es zur Einwanderung auch unspezifischer Entzündungszellen.
Bis zum vollem Entzündungsausmaß dauert es 48-72h, was also deutlich langsamer ist als bei der IgE-vermittelten Soforttypreaktion.
Symptome
Die Symptome der Nickelallergie sind Rötungen, Nässe, Jucken, Knötchen und Bläschen auf der spezifischen Hautstelle. Oftmals fällt es den Betroffenen schwer die Symptome den nickelhaltigen Schmuckstücken zuzuordnen, da die Entzündungen erst nach 48-72 Stunden das volle Ausmaß erreicht haben. Wenn die Hautstellen danach nicht mehr mit dem Nickel in Kontakt treten, können die Symptome wieder abklingen. Erneuter Kontakt führt zu einer Verstärkung der Symptomatik und bei dauerhaften Kontakt können sich geschuppte und verhornte Kontaktekzeme bilden, welche längere Nickelkarenz benötigen, um wieder abzuklingen. Eine Verschleppung durch kontaminierte Kosmetika oder Hände ist ebenfalls möglich, wodurch es auch an ungewöhnlichen Stellen, wie dem Gesicht zu Symptomen kommen kann. Des Weiteren können nickelhaltige Zahnprothesen die Schleimhaut im Mund angreifen und bei einer starken Allergie zu weiteren Symptomatiken, wie Schwindel, Müdigkeit, Abgeschlagenheit und konstantesten körperlichen Stress führen. Gleiches gilt für eine nickelreiche Ernährung, welche zu einer direkten Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder zu einer ausgeprägteren Nickelempfindlichkeit durch äußere Einflüsse führen kann. Wenn also die Diagnose oder ein Verdacht besteht, sollte dies auch in der Ernährung und mit dem Zahnarzt abgeklärt werden.
Diagnostik
Die Diagnose ist durch eine lange Krankheitsgescheite und weite Verbreitung der Nickelallergie mittlerweile genormt und zumeist schnell diagnostiziert, sobald die betroffene Person einen Arzt aufsucht. Dabei erkundigt sich der Arzt zuerst nach der Krankheitsgeschichte im Bezug zur Dauer, Auftreten, Lokalisation und zeitlichem Kontext. Zumeist fällt dabei auf, dass bestimmte Bereiche betroffen sind oder bestimmte Schmuckstücke einen Auslöser darstellen. Wenn nicht bereits geschehen erfolgt eine Überweisung zu einem Allergologen, welcher durch den Epikutantest die Nickelsensibilisierung innerhalb von drei bis sieben Tagen durch die Nutzung eines nickelsulfatbenetzten Pflasters nachweisen kann. Die Nutzung einer Blutuntersuchung, wie der Lymphozyten-Transformationstest wäre ebenfalls eine mögliche Methodik, um die Nickelallergie zu diagnostizieren. Diese wird jedoch wegen der höheren Komplexität und dem sonstigen Ausbleiben von Vorteilen nicht oder nur selten für analytische Studien genutzt. Zuletzt kann die Nickelallergie in einem Allergiepass vermerkt werden.
Ursachen
Warum einige Menschen eher eine Nickelallergie ausbilden, als andere ist bislang noch nicht ausreichend erforscht. Einiges spricht dafür, dass der Lebensstil, Veranlagungen und die spezifische Nickelexposition wichtige Einflussgrößen für die Überempfindlichkeit des Immunsystems darstellen. Doch wie stark die einzelnen Parameter in Verbindung mit ihren weiteren Einflüssen die Ausbildung einer Nickelallergie unterstützen lässt sich noch nicht definieren. Geklärt ist, dass die kleinen Nickelionen isoliert eigentlich keinen Reaktionen der Abwehrzellen hervorrufen würden. Doch bestimmte Eiweiße auf der Haut können mit ihnen Verbindungen eingehen und somit einen Nickeleiweißkomplex bilden, welcher von den Abwehrzellen der Haut delektiert wird und zur Aktivierung der Mastzellen, sowie zur Ausschüttung von Botenstoffen, wie Histamin und co führt. Damit diese Reaktionskaskade ausgelöst wird können schon kleine Mengen Nickel ausreichen.
Behandlung
Zum derzeitigen Zeitpunkt ist die Nickelallergie irreversibel. Deshalb ist das Meiden der Kontamination durch das Schützen der Haut die erfolgversprechendste Behandlungsmethode. Wie bereits erwähnt, konnte die 1994 durchgesetzte Verordnung zur Senkung der Nickelbelastung die Prävalenz durch das Herabsenken der zugelassenen Nickelmenge zu maximalen 0,5 µg pro Quadratzentimeter erfolgreich minimieren.
Dennoch können ältere Schmuckstücke oder besonders sensibilisierte Personen weiterhin Reaktionen zeigen. In diesem Fall kann das auslösende Material mit einer Legierung überzogen werden, was zu einem Ausfall der Symptomatik führt. Des Weiteren lässt sich nachweisen, das gereizte, trockene oder rissige Haut wesentlich sensibler auf Nickel reagiert, weshalb eine hautfreundliche Ernährung, sowie externe Pflege sich positiv auf die Symptomatik auswirkt.
Pflegeprodukte
Über geeignete Pflegeprodukte können betroffene sich beim Hautarzt oder Allergologen beraten lassen und die Ernährung kann durch einen geeigneten Ernährungsberater evaluiert werden, wobei besonders die Vitamine A, C, E und gesundheitsförderliche Fette im Fokus stehen. Doch auch das Meiden von limitierenden Ernährungsmustern steht häufig im Mittelpunkt der Ernährungstherapie. Besonders wichtig ist bei einigen Allergikern die Nickelarme Ernährung, welche wiederum auch eine große Herausforderung sein kann. Lebensmittel wie Zigaretten, Kakao, schwarzer Tee, Kaffee, Muscheln, Nüsse, Hülsenfrüchte und Vollkorn haben natürlicherweise höhere Nickelanteile. Dabei ist es dennoch wichtig zu erwähnen, dass diese Werte lediglich Durchschnittswerte sind. Denn durch unterschiedliche Bedingungen, wie die Beschaffenheit des Bodens, des Grundwassers, der Lebensmittelsorte und der Lagerung können die Nickelwerte leider stark variieren.
Ernährungsweise
Außerdem sollte man beachten, dass man auch bei der Zubereitung seiner Mahlzeiten die Nickelbelastung so gering wie möglich zu halten versucht. Die Heißspiralen im Wasserkocher, die Metalle in Kaffeemaschinen, das stehende Wasser in den Zulaufrohren, nickelhaltiges Kochgeschirr und die Schalen von Obst und Gemüse können erhebliche Nickelmengen aufweisen, weshalb es für Betroffene hilfreich sein kann den Kaffee wegzulassen oder zumindest von Hand aufzubrühen, nickelfreie Wasserkocher und Kochgeschirr zu nutzen, das Wasser vor dem Nutzen etwas laufen zu lassen und das Obst und Gemüse zu schälen.
Zuletzt bietet sich die Möglichkeit durch lokale Einkäufe mit den Erzeugern von Lebensmitteln in Kontakt zu treten. Denn die regelmäßigen Bodenkontrollen bei der Bewirtschaftung der Felder oder Äcker beinhalten auch eine Analyse der enthaltenen Metallen, wozu Nickel zählt. So können Betroffene mit etwas Aufwand Lebensmittel von Produzenten mit besonders niedrigem Nickelgehalt im Boden und somit auch im Lebensmittel beziehen. Zu den besonders nickelfreien Lebensmitteln zählen Eier, Fette, Milchprodukte, Fleisch, Kartoffeln, frisches Obst und Gemüse, Fisch und viele weitere Lebensmittel, weshalb eine nickelarme Ernährung mit guten Lebensmittellisten und etwas mehr Achtsamkeit bei der Lebensmittelauswahl gut durchzuführen ist, ohne dabei auf all zu viel verzichten zu müssen.
Prognose
Die Nickelallergie ist bislang noch eine Diagnose fürs Leben. Bei einigen Menschen können die Symptome je nach Erkrankungsform leichter oder auch stärker ausfallen. Die Fortschritte der Medizin und der Lebensmittelindustrie machen das Leben mit einer Allergie immer erträglicher. Die Auswahl an nickelfreien Lebensmitteln, sowieso nickelfreien Schmuck erleichtern die Karenz, was zumeist zu einem Ausfall der Symptomatik führt. Die lebenslange Diagnose kann zwar ein schwerer Schlag für den Betroffenen sein, weil dies eine Umstellung in der Alltäglichen Lebensweise erfordert. Jedoch führt das bewusste Weglassen zu einem wesentlich erhöhten Wohlbefinden, was eine starke Motivation sein kann. Zuletzt bringen Fortschritte der Forschung immer mehr Hoffnung, dass Allergien und ihre Symptome zukünftig immer besser behandelt werden können.
Literatur
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